26.10.2020
Tantra ist eine Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit – genauer gesagt, mit der ganz individuellen Wahrheit und damit mit dem, was jede/r einzelne als seine/ihre Wirklichkeit fühlt, spürt, mit allen Sinnen wahrnimmt. Wahrheit und Wirklichkeit sind individuell und subjektiv. Wahrheit ist das, was Du selbst mit offenen Augen siehst, mit offenen Ohren hörst, was Du mit Deinem Empfindungssystem wahrnimmst, was Du fühlst und spürst. Nichts sonst ist Wahrheit.
Gleichzeitig besteht unser Universum aus tantrischer Sicht aus aufeinander aufbauenden und ineinander verwobenen Bewusstseinsebenen – jede Ebene eine Manifestation des göttlichen Bewusstseins. Dabei erkennen wir Menschen mit unserem menschlichen Ego nur einen Teil dieser Bewusstseinsebenen – einige Ebenen sind für uns noch verborgen, durch einen Schleier verdeckt, den es zu lüften, zu durchdringen gilt. Dies nennt man dann Aufstieg oder Erleuchtung.
In dieser Zeit wird es aus meiner Sicht immer deutlicher, was diese – tantrische – Sicht der Existenz tatsächlich meint bzw. wie die tantrische Sicht des Universums auf unsere irdische Existenz abgebildet werden kann. Unser Blick auf „die“ Wahrheit ist tatsächlich durch einen dichten Schleier verhüllt – durch einen Schleier aus Desinformation, Manipulation, Konsumversprechen und Machtgier – und allzu viele Menschen sind nicht einmal daran interessiert, welche tatsächliche Wahrheit es um sie herum überhaupt zu entdecken gilt. Sie wollen es weder sehen noch hören und auch nicht wissen.
Menschen wollen nicht zuhören, wollen nicht hinsehen, wollen auch nicht wirklich wissen. Der Glaube an Macht, Fortschritt, Zivilisation, an gewählte Regierungen ist so festzementiert, dass die individuelle, eigene Wahrheit kaum noch eine Bedeutung zu haben scheint. Es gibt nur noch den Konsum einer Retorten-Wahrheit, die mit der individuellen Wahrheit so rein gar nichts mehr zu tun hat. Die subjektive – und damit echte – Wahrheit ist bedeutungslos geworden.
Viel größer ist das Vertrauen auf die „Wahrheit“ scheinbarer Autoritäten. Das erzeugt Sicherheit, weil die Eigenverantwortung und damit jedes Potenzial von Mit-Schuld abgegeben werden kann – eine scheinbare Sicherheit als Ersatz für individuelle Wahrheit. Wir sind blind und taub und empfindungslos geworden.
Dabei ist Wahrheit der einzig legitime Antreiber für Veränderungen, die auf der Basis von Liebe und Mitgefühl entstehen. Deshalb ist es so wichtig die Wahrheiten über die Geschehnisse dieser Welt und dieser Zeit weiter zu erzählen. Damit Menschen aufwachen und wieder die Augen und Ohren öffnen, damit sie wieder beginnen zu fühlen, was tatsächlich ihre Wahrheit ist.
Das ist die Veränderung die zunächst erreicht werden muss – Menschen müssen sich wieder mehr auf ihre Erfahrungen, auf ihr Fühlen und Spüren, auf ihre Wahrheit und Wirklichkeit verlassen – sie müssen Augen und Ohren öffnen, müssen aufhören nur noch blind einem Trugbild von manipulierten Wahrheiten hinterher zu laufen. Ohne tatsächliche Wahrheit, die auf der Basis tatsächlicher Erfahrungen entsteht, kann es keine Liebe geben. Und welche Bedeutung hat ein Leben ohne Liebe?